Gedenkbuch 2006

Clementine Katzenstein geborene Bauer

Von Miriam Doron und Lotte Meyer, Jerusalem (Israel)

Geboren am 25.5.1875 in Weilburg an der Lahn

Eltern: Jonas und Fanny Bauer. Clem war das fünfte Kind von den zwölf Kindern der Familie Bauer in Weilburg. Der Vater war Viehhändler. Die Familie war sehr an die jüdische Tradition gebunden. Zwei Brüder sind im ersten Weltkrieg gefallen.

Über ihre Kinder- und Jugendjahre wissen wir nichts. Auch ist uns nicht bekannt, wann sie nach Aachen zog. Sie kaufte, zusammen mit ihrer Schwester Lina und deren Mann Eduard Levano, das Schuhgeschäft "Louis Berg" in der Adalbertstraße 43. Das geschah vor dem ersten Weltkrieg.

Im Jahr 1922(?) heiratete sie in Aachen Richard Katzenstein, der aus Kassel stammte und Ingenieur war. Sie wohnten in der Adalbertstraße 43, eine Etage über dem Geschäft. Ihre jüngste Schwester aus Weilburg, Frieda Bauer, wohnte bei ihnen. Clem und Richard hatten keine Kinder. Es war eine glückliche Ehe und die Stimmung im Haus war immer lustig. Die Kinder der Familie Levano fanden bei ihnen ein zweites Heim. Die Familien Katzenstein und Levano hatten ein enges Verhältnis: gemeinsame Feiertage, Ausflüge in die Eifel usw. Nachdem die Familie Levano ihr eigenes Schuhgeschäft eröffnete, führten Clem und Richard mit Frieda die Firma »Louis Berg« bis zur »Kristallnacht«, dann wurde es enteignet. Frieda emigrierte Anfang 1939 nach England, Clem und Richard – im März 1939 – nach Belgien.

Bis 1941 wohnten sie bei Richards nicht-jüdischer Schwägerin, Jane Katzenstein und ihrer Tochter Meta (Richards Bruder Henri Katzenstein starb 1939). Als Belgien von den Deutschen besetzt wurde, und um die belgische Familie nicht zu gefährden, zogen sie dann in eine kleine Mietwohnung. 1941 starb Richard an einem Gehirntumor.

Clems Situation im besetzten Brüssel wurde immer schwerer. Im Sommer 1942 fingen die Deportationen nach Auschwitz an. Clem suchte einen Platz, um sich zu verstecken. Einer ihrer Nachbarn bot ihr Hilfe an, aber sie ahnte nicht, daß er mit der Gestapo zusammenarbeitete. Am selben Tag, an dem vereinbart war, daß die Untergrundbewegung sie in ein Kloster bringen sollte, wurde sie von der Gestapo festgenommen, in das Sammellager Mechelen (Malines) eingesperrt und am 10. Oktober 1942 nach Auschwitz deportiert. Sie war 67 Jahre alt. Weiter hat niemand ein Lebenszeichen von ihr erhalten.