OB Philipp: Wichtig, die dunkle Seite der Stadt zu zeigen

Von Martina Stöhr

Aachen. Zu jedem Menschen gibt es eine Biographie, und der Verein „Gedenkbuchprojekt für die Opfer der Shoah aus Aachen“ hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Geschichten der Opfer des Holocaust zu erzählen.

Leo Baum war einer von ihnen. Er kämpfte im ersten Weltkrieg an der französischen Front, gründete danach ein Unternehmen, das später zu Grunde ging, und zog daraufhin von Geilenkirchen nach Aachen. „Was die Erwachsenen damals zu bewältigen hatten, bemerkten wir Kinder nicht“, schreibt sein Sohn Otto. Der schöne Aachener Traum sei mit dem Brand der Synagoge zu Ende gegangen. Danach war das Leben der Familie von Flucht und Verfolgung geprägt. Am 14. August 1942 werden die Eltern im Konzentrationslager Auschwitz ermordet. Der Sohn gelangt über die Schweiz nach Palästina.

51 Schicksale

Das Schicksal von Leo Baum ist nur eines von insgesamt 51, die im vierten Biographieband zum Gedenken an die jüdischen Naziopfer zur Sprache kommen. Laut Bettina Offergeld, Vorsitzende des Gedenkbuchprojekts, wird es immer schwieriger, die alten Geschichten zu recherchieren. Der Verein ist angewiesen auf den Kontakt zu den Zeitzeugen, und davon bleiben immer weniger. Dankbar ist sie für die Mithilfe der Schulen. „Und die Internetrecherche bekommt zunehmend Bedeutung“, stellt sie fest. Bislang hat ihr Verein in vier Bänden 135 Biographien recherchiert. „Aber es liegt noch ein weiter Weg vor uns“, meint sie mit Blick auf die insgesamt 750 Opfer aus Aachen, die ums Leben kamen.

Oberbürgermeister Marcel Philipp betonte bei der Übergabe des Bandes, wie wichtig es sei, auch die dunkle Seite der Stadt aufzudecken. Nur so könne man die Opfer vor dem Tod des Vergessens bewahren. Das Dokumentieren des Lebens von Menschen in der Nazizeit sei eine aufwendige Arbeit, die schließlich auch wissenschaftlichen Ansprüchen genügen müsse.

Quelle: Aachener Nachrichten (online-Ausgabe), 1. Februar 2013