Gedenkbuch 2008

Salomon Dublon

Von Hans-Theo Horward, Aachen

Am Bergdriesch 39 befand sich seit dem 1. Juni 1928 die „Israelitische Volksschule“, die vorher - ab 1868 - neben der Synagoge in der Promenadenstraße war. Das neue Gebäude bestand aus zwei Klassenzimmern, der Unterklasse (1.–3. Schuljahr) und der Oberklasse (4.–10. Schuljahr). Außerdem gab es noch ein Lehrerzimmer.

Der Lehrer der Oberklasse war Oberlehrer Salomon Dublon. Er war am 19. November 1866 wahrscheinlich in Wittlich in der Eifel geboren und mit Lina Schmitz, die 1877 in Aachen geboren wurde, verheiratet. Das Ehepaar hatte zwei Kinder, den im Jahr 1900 geborenen Josef und Hilde, die im Jahr 1902 geboren wurde. Die Familie lebte in der Mariahilfstraße 31 in Aachen. 1890 legte Salomon Dublon, der auch Sally oder Salo genannt wurde, seine zweite Prüfung für das Lehramt an Elementarschulen ab. Nach kurzer Tätigkeit an verschiedenen Schulen kam er nach Aachen und trat dort am 01. August 1894 seinen Dienst in der Israelitischen Volksschule an.

Im gleichen Jahr fand eine Revision durch den Kreisschulinspektor statt. In seinem Bericht schrieb dieser unter anderem: „Die Klasse ist zurückgeblieben. Was der Lehrer aber selbst aufgebaut hat, sitzt ziemlich sicher und bildet eine gute Grundlage zur Förderung derselben.“ Als Arbeitsauftrag für die Zukunft an Herrn Dublon vermerkte der Kreisschulinspektor: „Der Lehrer wurde angefeuert, um ja recht fleißig zu sein, damit er wenigstens in den Hauptfächern das Ziel annähernd erreiche.“ Bezüglich der „Schulzucht“ wird vermerkt, dass sie militärisch stramm sei, „(…) was sich wohl der Mädchen wegen weniger schicken dürfte.“

Diese Einschätzung wurde allerdings von einem ehemaligen Schüler, Herrn Werner Levano, in seinen Erinnerungen widerlegt. Er beschrieb seinen Lehrer als gütig und nachsichtig und führte weiter aus: „Er erzählte von Sagen und Legenden. Mit seiner Natur- und Heimatverbundenheit weckte er in uns die Liebe und Lust zum Wandern und Erleben der Eifel.“

Nach achtunddreißigjähriger Tätigkeit in Aachen wurde Herr Dublon im Jahr 1932 in den Ruhestand versetzt. Der Aachener Bürgermeister Dr. Kremer würdigte bei der Abschiedsfeier die Verdienste von Herrn Dublon und überreichte ihm im Auftrag des Oberbürgermeisters eine Radierung des Aachener Rathauses mit Widmung. „Sie haben (…) die Kinder zu Gottesfurcht und Deutschtum erzogen, und dafür ist Ihnen der Dank aller Kinder und Eltern und nicht zuletzt der Stadt Aachen gewiss“, sagte Dr. Kremer in einer für die damalige Zeit üblichen pathetischen Rede.

Das Dankesschreiben von Herrn Dublon ist im Anschluss an die Biographie abgebildet.

Als Vertreter der Synagogengemeinde dankte Herr Marx auf der Abschiedsfeier Herrn Dublon und sagte mit Blick auf die Zukunft: „Möge Ihr (…) Lebensabend – noch sind Sie ja nicht in dem Alter, dass man überhaupt davon sprechen kann – ein sonniger Herbst sein, dem die Stürme des Winters recht lange fernbleiben.“

Die „Stürme des Winters“ begannen allerdings schon ein Jahr später mit dem Amtsantritts Hitlers und seiner Judenpolitik.

Nach der Pogromnacht am 09. November 1938 wurde Salomon Dublons Sohn Josef, der als Arzt tätig war, festgenommen und in das Konzentrationslager Buchenwald überführt. Nach der Entlassung aus dem Konzentrationslager wanderte er nach England aus. Verbittert lehnte er nach dem Krieg jeden Kontakt zu seiner ehemaligen Heimatstadt Aachen ab.

Die Tochter Hilde Dublon emigrierte schon vor Beginn des Holocaust nach England. Zurück blieben ihre Eltern Salomon und Lina.

Wegen Lehrermangels unterrichtete Herr Dublon 1940 wieder an der jüdischen Elementarschule.

Am 03. September des Jahres 1941 mussten er und seine Frau ihr Haus in der Mariahilfstraße 31 verlassen. Beide wurden nun zwangsweise in das Israelitische Altersheim eingewiesen.

Zehn Jahre nach seiner festlichen Verabschiedung durch die Stadt Aachen wurden Salomon Dublon und seine Frau Lina schließlich am 25. Juli 1942 mit dem Transport VII nach Theresienstadt deportiert. Sie zählten zu den letzten Bewohnern des Israelitischen Altersheimes.

Salomon Dublon starb in Theresienstadt am 27. Januar 1943.

Seine Frau Lina überlebte. Am 05. Februar 1945 wurde sie am Ende des Krieges durch Intervention des Internationalen Roten Kreuzes mit einem Transport in die Schweiz verschickt. Von dort zog sie zu ihrer Tochter nach England.