Paul Maas
Ida Maas geborene Kamp
Von Hans-Theo Horward, Aachen
Paul Maas wurde am 24. März 1873 in Trier geboren. Wann er nach Aachen gezogen ist, ist uns nicht bekannt. Er war mit der Aachenerin Ida Maas, geborene Kamp, geboren am 02. Juli 1875, verheiratet.
In dem Aachener Adressbuch von 1903 findet sich die Eintragung: „Dr. Paul Maas, Spezialist für Ohren-, Nasen- und Halsleiden und Sprachstörungen.“ Seine Praxis befand sich zur damaligen Zeit auf dem Dahmengraben 12, privat wohnte er Boxgraben 24. Später war er Eigentümer des Hauses Augustastr. 12.
Bis zu seinem Berufsverbot praktizierte Dr. Paul Maas in Aachen unter verschiedenen Adressen.
Am 15. Mai 1941 wurde er gemeinsam mit seiner Frau in das Israelitische Altenheim eingewiesen.
Ida und Paul Maas sandten aus dem Altenheim einen Brief an Otto Blumenthal und seine Frau Mali in Utrecht. Otto Blumenthal war von 1905 bis 1933 Professor für Mathematik an der Technischen Hochschule in Aachen. Er wurde 1933, wie alle jüdischen Mitglieder des Lehrkörpers, mit Berufsverbot belegt. Am 13. Juli 1939 emigrierte er mit seiner Frau in die Niederlande. Hier wurde er 1943 inhaftiert und am 20. Januar 1944 nach Theresienstadt deportiert, wo er am 13. November 1944 verstorben ist. (siehe seine Biographie in diesem Buch)
Der Brief ist ein seltenes Dokument. Unseres Wissens sind sonst keine schriftlichen Mitteilungen von Bewohnern des Altenheimes bekannt:
„Aachen 7.3.42
Horst Wesselstr.87
Meine liebe Frau Blumenthal – wie oft habe ich so gedacht, aber Ihren lieben Namen als Anfang eines Briefes hinzusetzen, dazu fehlte mir die Entschlußkraft. Es ist in dem verflossenen Jahr so viel auf mich eingestürmt, daß ich es oft kaum ertragen konnte – das ist eine schlechte Vorbedingung zum Briefe schreiben und wenn ich es heute doch versuche, so ist der Anlaß in Ihrer Anfrage nach uns an Frau Amberg zu suchen, durch die wir nun auch Nachricht von Ihnen hatten, die wir sehr entbehrt haben, wenn auch völlig durch eigene Schuld. Wir sind seit dem 15.5. hier im Heim, haben uns unser kleines Zimmer so gut eingerichtet, wie es möglich war und wenn es aufgeräumt ist, ist es ganz behaglich. Aber da es der einzige Raum ist, der zur Verfügung ist und alles in ihm geschehen muß nebst Zimmerarbeit und Geschirr spülen und nur von uns beiden ohne Hülfe – und noch gelegentlichem Komplettierungskochen und gelegentlichem Wäschewaschen, so mögen Sie sich vorstellen, daß dieser aufgeräumte Zustand nicht allzu oft bei uns anzutreffen ist und wir selber auch nicht allzu aufgeräumt gestimmt sind. Mein Mann, als der Anpassungsfähigere hat es leichter als ich, deren Umstellungsfähigkeit die schlechteste Begabung ist. Aber durch eine gute Konzentrationsfähigkeit beim Lesen, ist zu allem Negativen ein kleines Äquivalent geschaffen. Das Buch führt mich in eine Welt in der ich beheimatet bin und läßt mich den ganzen schweren Alltag vergessen. Gesundheitlich geht es mir meist sehr wenig gut, das ist ja kaum anders zu erwarten, doch hab ich meistens genug Geduld, mich mit allem Unbehagen abzufinden. – Daß es Ihnen beiden wenigstens einigermaßen gut geht und daß Sie so weit es noch geht gute Nachrichten von den Kindern haben, hat uns sehr gefreut. Wie herzlich wünscht man allen Eltern ein Wiedersehen mit ihren Kindern! Meine Schwester ist seit einem halben Jahr Großmutter einer kleinen Irene – ist es nicht ein schöner friedlicher Name? Aber das kleine Geschöpf lebt in Stockholm und meine Schwester hat nur die Gedankenfreude. Aber das ist auch eine und es tut so gut zu wissen, daß das Leben irgendwie noch seinen normalen Gang geht. Hoffentlich trifft dieser Brief Sie und Herrn Professor wohl an, wie herzlich wünschen mein Mann und ich Ihnen und den Kindern alles Gute! Nehmen Sie beide allerherzlichste Grüße von meinem Mann und Ihrer Ida Maas.
Lieber Herr Blumenthal! Meine Frau hat das Wesentliche über uns mitgeteilt, auch dass es mir gelungen ist mich etwas schneller auf das Leben im Heim umzustellen. Der Tag vergeht mit Hausarbeit, Besorgungen und Lektüre. Es wird Sie vielleicht interessieren, dass ich den 3. Band von Lietzmanns Geschichte der alten Kirche vor Kurzem gelesen habe und sehr begeistert von der ausgezeichneten Darstellung der Konstantinischen Zeit war. Die andern Bände haben mich auch von der Philosoph-Seite her sehr interessiert, besonders die Darstellung der Gnostik im I. die ich in der Ausführlichkeit noch nirgends gefunden habe. Wir hoffen, bald von Ihnen und Ihrer l[ieben] Frau etwas zu hören. Herzlichste Grüße Ihr Paul Maas.“
Drei Wochen, nachdem dieser Brief abgeschickt wurde, erfolgte der 1. Transport Aachener Juden in Vernichtungslager im Osten.
Ob die Eheleute auf der Deportationsliste für den Transport am 15. Juni 1942 - Da 22 - standen, wissen wir nicht. Beide haben sich zwei Tag vorher – am 13. Juni 1942 - das Leben genommen.
Beerdigt sind Paul und Ida Maas auf dem Jüdischen Friedhof in Aachen. Nach dem Krieg haben Freunde oder Verwandte zur Erinnerung einen Grabstein aufgestellt.